Die Covid-19-Pandemie bringt ganze Weltbilder ins Wanken, rüttelt Gesellschaften durcheinander und fordert zum Hinterfragen von sicher geglaubten Wahrheiten auf. Kann die Pandemie als das disruptive Moment genutzt werden, um der Transformation von Museen den entscheidenden Schub zu verpassen?
Die Pandemie als Chance für Museen
Auch der Museumssektor ist schwer gebeutelt von der Krise. Wie schwer es die Branche getroffen hat, wurde in einer Umfrage erhoben, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Bezeichnenderweise bezog sich diese Befragung nicht nur auf die Auswirkungen der Krise, sondern auch auf die Digitalisierung an Museen.
Ganz offensichtlich stellt die Pandemie die ideale Chance dar, um die Digitalisierung des Museums-Sektors voranzutreiben. Und Digitalisierung stellt insbesondere durch neue Vermittlungs- und Partizipationsformate auch eine Chance für Nachhaltigkeit in Museen dar, wie ich bereits diskutiert habe.
Covid-19 als Chance für die Digitalisierung von Museen |
Digitalisierung versus Nachhaltigkeit?
Das Potenzial der Digitalisierung für eine sozial-ökologische Gesellschaftstransformation ist auch in Ausstellungen offensichtlich: Durch digital vermittelte Teilhabe ist eine zunehmende Demokratisierung möglich. Doch der digitale Wandel bringt auch Risiken insbesondere für kleinere Einrichtungen und für die Zugänglichkeit für weniger medienkompetente Zielgruppen mit sich.
Die Digitalisierung kann darüber hinaus auch negative Effekte für Nachhaltigkeit im Museumssektor haben. Denn insbesondere die Digitalisierung und Bereitstellung von Sammlungen geht mit hohen Anforderungen an die technische Infrastruktur einher. Wie ressourcenintensiv sind eigentlich die Serverkapazitäten die dafür notwendig sind? Und wieviel Energie bzw. Treibhausgasemissionen verursacht eine E-Mail die ich verschicke?
Einzelne Institutionen und insbesondere Plattformen zur Verknüpfung von digitalen Sammlungsbeständen sollten stets darauf achten, dass sie Dienstleister nutzen, die auf Green DataCenter zurückgreifen.
Digitalität im Museumssektor voranbringen …
Die Covid-Pandemie kommt zu einer Zeit, in der der Museumssektor im Rahmen der Digitalisierung einen Wendepunkt erreicht hat. Die Empfehlungen und Forderungen, die auf Basis der oben genannten Umfrage von NEMO, dem Netzwerk der europäischen Museen, erstellt wurden, beziehen sich vor allem auf die Transformation hin zur Digitalität. Richtig und wichtig: Es braucht rechtliche und technologische Rahmenbedingungen und massive Investitionen in die Infrastruktur sowie ins Capacity Building.
Diese Forderungen denken den digitalen Wandel jedoch wieder aus einer introvertierten Perspektive der Institution Museum – für ein wirkungsorientiertes, sozial verantwortliches und partizipatives Museum steht der Kernpunkt der Forderungen ganz kurz am Ende des Dokuments: einen Mehrwert durch die digitalen Sammlungen zu generieren! Mit der Digitalisierung kann in das einmalige Potenzial der Museen investiert werden: die Sammlungen. Und diese zu einem attraktiven, digitalen Lernerlebnis ausbauen, das mit anderen Medienangeboten mithalten kann.
Leider sind wir von der digitalen Inwertsetzung der Sammlung für Besucher derzeit noch weit entfernt – insofern hätte ich mir gewünscht, dass NEMO diesem Aspekt wesentlich mehr Bedeutung beimisst.
… und mit einer Transformation zur Nachhaltigkeit verknüpfen
Die Auswirkungen Covid-Pandemie werden die einzelnen Institutionen noch lange beschäftigen – nicht nur finanziell. Diese Dynamik gliedert sich passend in die aktuellen Entwicklungen zur Nachhaltigkeit ein: Insgesamt werden viele der Aufgaben, Vorgehensweisen und Methoden im Museumsalltag wegen der ökologischen und sozialen Folgen, die sie hervorgerufen haben, in Frage gestellt. Es ist bekannt: Nicht nur museums for future sondern auch zahlreiche Direktoren von deutschen Museen hat eine breitere Transformation von Museen gefordert.
COVID-19 kann als disruptives Moment in beiden Wandlungsprozessen – zur Digitalisierung und zur Nachhaltigkeit eine Rolle spielen. Die Pandemie wird nicht allein eine große Veränderung auslösen, aber sie wird ein Faktor sein und höchstwahrscheinlich dazu beitragen, nachhaltige Praktiken innerhalb des Museums zu fördern und einige bestehende nicht-nachhaltige Strukturen zu destabilisieren.