Wichtige Kulturgüter für möglichst viele Menschen erlebbar zu machen, ist eine der wichtigsten Aufgaben von Museen. Gleichzeitig kann der Transport von Sammlungsobjekten oder ganzer Wanderausstellungen mit erheblichen nicht-nachhaltigen Auswirkungen einhergehen.
Gesprochen habe ich zu diesem Thema mit Gina Eichmüller, die am Römisch-Germanischen-Zentralmuseum als Restauratorin arbeitet und sich seit langem mit den Herausforderungen eines ressourcenschonenden Leihverkehrs beschäftigt.
Status quo: Zunehmender Leihverkehr
Fakt ist: der Leihverkehr steigt. Einerseits ist das Feld der Wanderausstellungen in den letzten Jahren dramatisch gewachsen. Der Anstieg der Zahl an Wanderausstellungen basiert insbesondere auf aufwändig kuratierten und auf ein Massenpublikum zugeschnittenen Ausstellungen. Solche „Blockbuster-Ausstellungen“ generieren zumeist enorm hohe Besucherzahlen und damit auch erhebliche und oft notwendige Einnahmen für die Museen. Das Geschäftsmodell der Ausstellungsentwickler basiert selbstverständlich nicht darauf, eine solche Ausstellung an wenigen Orten, sondern an so vielen Orten wie möglich zu zeigen.
Andererseits trägt der Grundsatz, Kulturgüter einer möglichst breiten Zielgruppe zugänglich zu machen dazu bei, dass der Leihverkehr – auch von Einzelobjekten – zunimmt. Initiativen wie „Lending to europe“ (Leeuw et al. 2005) unterstützen dieses Ziel und vereinfachen den internationalen Transport und Leihverkehr von Kulturgütern. So wichtig diese Funktion von Museen auch ist, müssen doch auch die Schattenseiten dieser Entwicklung beleuchtet werden (vgl. Lambert und Henderson 2011).
Neuartiges Risikomanagement
Diese Schattenseiten umfassen unter anderem die Ressourcennutzung sowie die Klimabilanz der zahlreichen und oft internationalen Transporte. Diese neuen Anforderungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit verändern das klassische Risikomanagement bzw. die Risikoevaluierung im Leihverkehr, so Eichmüller.
Neben die Evaluierung der Risiken für die Objekte tritt die Einschätzung des Risikos für die Umwelt und die Gesellschaft durch nicht-nachhaltige Effekte des Leihverkehrs. Diese Wirkungen müssen im Rahmen eines neuartigen Risikomanagements gegeneinander abgewogen werden. Ein solches Risikomanagement, muss demnach insbesondere die Bereiche des Leihverkehrs berücksichtigen, bei denen mit den größten negativen Auswirkungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu rechnen ist. Dazu gehören unter anderem Transport und Verpackung.
Risikomanagement, muss demnach insbesondere die Bereiche des Leihverkehrs berücksichtigen, bei denen mit den größten negativen Auswirkungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu rechnen ist. Dazu gehören unter anderem Transport und Verpackung.
Risikomanagement, muss demnach insbesondere die Bereiche des Leihverkehrs berücksichtigen, bei denen mit den größten negativen Auswirkungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu rechnen ist. Dazu gehören unter anderem Transport und Verpackung.Risikomanagement, muss demnach insbesondere die Bereiche des Leihverkehrs berücksichtigen, bei denen mit den größten negativen Auswirkungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu rechnen ist. Dazu gehören unter anderem Transport und Verpackung.
Transport und Modal Split
Im Bereich der eingesetzten Verkehrsmittel sind vor allem die dieselbetriebenen und klimatisierten LKWs ein Problem. So entstehen absurde Situationen, wie GinaEichmüller zu berichten weiß: „Dann steht ein LKW schonmal mit offener Tür bei laufendem Motor sowie laufender Klimaanlage am Depot – und das während der gesamten Dauer des Einladens.“ Doch Schiff und Eisenbahn werden gegenwärtig nur selten als Option in Betracht gezogen. Dabei sind die oftmals als Gegenargument angeführten Vibrationspegel in Eisenbahnwagen nicht eindeutig höher als in LKW-Anhängern (Marcon 1991, S. 131).
Verpackung und Materialien
Der zentrale Handlungsansatz im Feld der Transportverpackung folgt der klassischen 3R-Formel: Reduce – Reuse – Recycle, also vermeiden, wiederverwenden und re- bzw. upcyclen. Die Reihenfolge ist hier nicht beliebig: Grundsätzlich liegt – wie auch in anderen Bereichen des Museums – die Priorität klar auf der Vermeidung. Nur wenn ein Verzicht nicht möglich ist, sollte eine Wiederverwendung in Betracht gezogen werden – das Recycling ist die letzte und schlechteste Option.
Auf Transportkisten kann – das ist klar – nicht verzichtet werden; hier geht es insbesondere um Wiederverwendung. Da eine Wiederverwendung zumeist an fehlenden Lagerkapazitäten scheitert (Warden 2009, S. 54), bietet sich die Miete von Transportverpackungen an. Eine Zusammenstellung von wiederverwendbaren Kisten bzw. zur Miete zur Verfügung stehenden Optionen findest Du am Ende des Posts.
Integration in das Nachhaltigkeitsmanagement in Museen
Die Phasen und Herausforderungen beider Einführung eines Nachhaltigkeitsmanagements in Museen habe ich in vergangenen Posts bereits aufgezeigt. Die Umsetzung eines nachhaltigen Leihverkehrs ist insbesondere herausfordernd, da viele unterschiedliche Abteilungen involviert sind: Kuratoren, Restauratoren, Registrars, Packer, Spediteure, Kuriere und andere. Als eines der größten Hindernisse sieht Gina Eichmüller die fehlenden Informationen: „Die Beteiligten sind nicht unbedingt offen für eine Veränderung der Vorgehensweise, da sie aufgrund fehlender Informationen zu den Alternativen die Gefahr für die Objekte schlecht einschätzen können“.
Hieran wird erneut deutlich, dass ein Veränderungsprozess hin zu einer nachhaltigen Institution auch eine Top-Down Entscheidung ist. „Von unten ein ganzes Museum und seine Arbeitsweise zu ändern ist schwierig“, illustriert Eichmüller die Situation, wenn die Museumsmitarbeiter in den Abteilungen ohne eine Verpflichtung der Direktion tätig werden wollen.
Fehlende Alternativen im Leihverkehr
Insgesamt existieren im Feld des Transports von Kulturgütern zu wenige nachhaltige Alternativen – von Verpackungsmaterialien über Transportkisten bis hin zu einer Sharing-Plattform für Kuriere. Noch gravierender ist allerdings die fehlende Forschung zum Risiko für die Objekte, beispielweise beim Transport per Schiff, und damit fehlende Informationen für die Konservatoren und Entscheider im Museum.
Daraus folgt, dass immer die gleichen bekannten Lösungen, bspw. für das Objekt funktionierende, aber ökologisch schädliche Schäume, verwendet werden. „Fehlende Gelder für die Forschung und damit fehlende Informationen, sind die zentralen Hindernisse für die Restauratoren in den Museen“, bringt Eichmüller die Situation auf den Punkt.
Erste Schritte zum nachhaltigen Kulturgütertransport
Offensichtich gibt es zahlreich Hürden, die auf dem Weg zu einem nachhaltigen Kulturgütertransport zu nehmen sind. Was kann ich konkret tun, um den Transport und Leihverkehr zu verbessern? Als erste Schritte kommen unter anderem in Frage:
- Überprüfe kritisch, ob es unbedingt notwendig ist, das Objekt zu verleihen
- Achte bewusst auf die Verpackungsmaterialien, die zum Einsatz kommen. Sammle Informationen zu den ökologischen Auswirkungen bzw. zu Lebenszyklusanalysen der Materialien oder eruiere Alternativen.
- Reduziere die Begleitung durch Kuriere! Untersuchungen zur Klimabilanz des Leihverkehrs haben ergeben, dass Kuriere einen vergleichsweisen hohen Anteil an den CO2-Emmissionen haben (Nunberg et al. 2016, S. 6). Auf die Begleitung durch Kuriere zu verzichten oder Kuriere zu teilen wären sehr effektive erste Schritte.
Es existieren zahlreiche weitere Detaillösungen, weshalb Gina Eichmüller auch dazu rät, das Verantwortliche in den Museen „nicht zögern sollten, Experten zu fragen“, wenn es um die Veränderung hin zu einem nachhaltigen Leihverkehr geht.
Restauratoren als Vorreiter für Nachhaltigkeit in Museen
Während bezüglich des Sammlungsmanagements sich häufig konservatorische Bedarfe und Anforderungen durch ein Nachhaltigkeitsmanagement entgegenstehen, gehen sie im Feld des Leihverkehrs Hand in Hand: Weniger Transporte bedeuten ein geringeres Risiko für die Objekte sowie geringere negative Auswirkungen auf die Umwelt.
Literatur
Lambert, Simon; Henderson, Jane (2011): The carbon footprint of museum loans: a pilot study at Amgueddfa Cymru – National Museum Wales. In: Museum Management and Curatorship 26 (3), S. 209–235. DOI: 10.1080/09647775.2011.568169 .
Leeuw, Ronald de; Acidini, Cristina; Berg, Kristian; Januszewska, Dorota Folga; Hartung, Harald; Kvietkauskas, Rolandas et al. (2005): Lending to Europe. Recommendations on collection mobility for European museums. Rotterdam.
Marcon, Paul J. (1991): Shock, Vibration, and the Shipping Environment. In: Marion F. Mecklenburg (Hg.): Art in transit. Studies in the transport of paintings ; International Conference on the Packing and Transportation of Paintings, September 9,10, and 11, 1991, London. Washington: National Gallery of Art, S. 121–132.
Nunberg, Sarah; Eckelman, Matthew J.; Hatchfield, Pamela (2016): Life Cycle Assessments of Loans and Exhibitions: Three Case Studies at the Museum Fine Arts, Boston. In: Journal of the American Institute for Conservation 55 (1), S. 2–11. DOI: 10.1080/01971360.2015.1112465 .
Warden, Lea T. F. (2009): Traveling Exhibitions and the Environment. In: Exhibitionist 28 (1), S. 52–57.
Nachhaltige Transportkisten
Rokbox www.rok-box.com
Hizkia Van Kralingen, Turtle Box www.turtlebox.com
Hasenkamp, FLXSM www.flxsm-system.com/de
Zur Klarstellung: Diese Liste ist keinerlei Werbung und dient nur der Hilfestellung für Museen, um einen nachhaltigen Kulturgütertransport zu realisieren.
Wenn Sie Hersteller oder Dienstleister sind, und ein nachhaltiges Angebot oder Produkt haben kontaktieren sie mich bitte, wenn sie auf diese Liste möchten.