Ein attraktives Besucherzentrum gehört heute zu jedem deutschen Großschutzgebiet. Da eine Ausstellung ein innovatives und vielfältiges Instrument ist, um die Inhalte und Ziele von Großschutzgebieten zu vermitteln, finde ich diese Entwicklung äußerst begrüßenswert.
Besucherzentren in Großschutzgebieten haben ein Problem
Doch viele der deutschen Besucherzentren in Nationalparken, Biosphärenreservaten oder Naturparken haben ein gravierendes Problem:
Die Dramaturgie oder die thematische Gliederung von Besucherzentren folgt nämlich häufig den im Schutzgebiet vorkommenden Lebensraumtypen. Im Prinzip wird in Ausstellungen dieser Art Natur „nachgebaut“ und versucht die Natur „ins Haus zu holen“.
Natur entdecken statt Natur nachbauen
Doch die Natur befindet sich draußen – nicht im Haus! Ist nicht das Ziel der Ausstellungen, die Besucher zu motivieren, selbst die Natur zu entdecken? Weshalb werden dann ganze Biotoptypen mit aufwendiger Inszenierung im Zentrum nachgebaut? Weshalb werden 4D-Kinos bemüht, um die Natur möglichst realistisch nachzubilden – wo es doch ohnehin nie so eindrücklich gelingen kann wie bei einer Wanderung im Schutzgebiet selbst? Die Besucherzentren animieren nicht die Natur zu entdecken, sondern bauen diese nach.
Ein touristisches Produkt, dass nicht den Bildungsauftrag der Schutzgebiete erfüllt
Aus den beschriebenen Konzeptionen folgt, dass für viele Besucher ein Besuch im Besucherzentrum ein wirkliches Naturerlebnis ersetzt. Weshalb sollte man in die Natur, wenn Sie im Haus nachgebaut ist? Ein Besucherzentrum ist viel angenehmer als ein entdecken der feindlichen Wildnis: Wanderschuhe sind nicht nötig, es ist warm und trocken – und dreckig werden die Besucher schon gar nicht.
Wie sieht heute ein typischer Besuch im Nationalpark aus? Ein Besuch des Infozentrums, dann einen Kaffee Trinken in der angeschlossenen Gastronomie und danach wieder mit dem Auto ins Hotel. Es kann nur ein naturschutzfachlicher Netzbeschmutzer sein, wer erwähnt, dass die Einnahmen der Gastronomie den Schutzgebietsverwaltungen insofern zu gute kommt, um zumindest etwas die Verluste der aufwendigen Besucherzentren aufzufangen.
Natur-Besucherzentren der Zukunft
Um Besucherzentren zu entwickeln, die wirklich den Auftrag der Schutzgebiete unterstützen wäre ein radikal neuer Ansatz erforderlich – doch wer traut sich das schon?