Bildung für Nachhaltige Entwicklung in Besucherzentren (Leng 2009) bedeutet vor allem auch, einen Beitrag zur Akzeptanz von Großschutzgebieten (Frohn et al. 2016) zu leisten. Wie können Nationalparkzentren als Instrument zu einer Steigerung der Akzeptanz eingesetzt werden?

Hintergrund: Akzeptanzdefizit von Naturschutz und BNE in Deutschland

Bereits vor knapp zwanzig Jahren konstatierte Wolfgang Haber ein Versagen des Naturschutzes: „Die Menschen von den Vorzügen und der Notwendigkeit des Naturschutzes zu überzeugen, ist nicht gelungen – auch weil nicht einmal seine Verfechter sich einig sind, welche Natur warum geschützt werden soll.“ (Haber 2005, 75).

Ein Grund dafür sind Naturschutz-Begründungen, die zumeist auf ökologische Fakten (wie bspw. wertgebende Arten) fokussieren und weiche und kulturelle Argumente – die den Menschen in den Mittelpunkt stellen – ausblenden (Piechocki 2010, 13ff).

Unter anderem aus dieser Entwicklung geht das gegenwärtige Akzeptanzdefizit von Naturschutz im Allgemeinen und Nationalparks im Besonderen hervor (vgl. bspw. Mose 2009). Vielversprechende Ansätze – mit den Menschen im Zentrum – bilden hier noch die Ausnahme.

BNE, Naturschutzbegründungen und Akzeptanz

Der ursprüngliche Grund für Naturschutz war ja: „Schönheit der Heimat, Erhabenheit von Landschaften, Bewahrung der gewachsenen Kulturlandschaft.“ (Piechocki 2010, 12). In den 1950er und 1960er Jahren wurden dann zunehmend statt der weichen Argumente quasi harte ökologische Argumente vorgebracht. Diese harten ökologischen Fakten sind die sogenannten „ökologischen Imperative“, wie bspw.: ökologische Sachzwänge oder eine Ökosystemstabilität. Eine naturwissenschaftliche Begründung löste die eigentliche kulturelle Begründung ab.

Wenn diese Argumente nicht ausreichen, wird häufig die Begründung auf eine ethisch-moralische Ebene gehoben: So wurden in den 1970er Jahren vor dem Hintergrund der Umweltkrise durch die aufkommende Ökologiebewegung die Begründung von einer anthropozentrische Begründung (Schutz für den Menschen) in eine physiozentrische verwandelt: Die Natur soll ihrer selbst wegen geschützt werden. Das Problem: Die physiozentrischen Argumente sind schwer nachvollziehbar und damit schwer vermittelbar (Piechocki 2010).

Auch deshalb spielen physiozentrischen Grundlagen des heutigen Naturschutzes in Ausstellungen und Besucherzentren keine Rolle. Zurück bleiben Ausstellungen, die die harten ökologischen Fakten und damit Argumentationsmaterial für Naturschützer vermitteln.

Ausstellungen und Besucherzentren – sowie die darin vermittelten Begründungen – blenden weiche, kulturelle Argumente aus. Die Sensibilität für die heimatliche Landschaft, die Erlebbarkeit der gewachsenen Kulturlandschaft spielt nur eine untergeordnete Rolle. Obwohl gerade diese Aspekte leicht vermittelbar sind und für viele Besucher*innen anschlussfähig wären.

Wie kann BNE in Besucherzentren eingesetzt werden, um Naturschutz anschlussfähig zu machen und zu begründen.?

BNE in Besucherzentren zur Unterstützung von Akzeptanz

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in Besucherzentren kann dann die Akzeptanz von Naturschutz erhöhen, wenn sie diese Verwerfungen der Argumentationslinien offenlegt und darauf aufbauend eine neue Leitidee entwickelt.

  1. Ideengeschichte und Naturethische Grundlagen: Ausgangspunkt für Besucherzentren ist, Naturschutz und Schutzgebiete als menschliches Anliegen darzustellen, das VON Menschen FÜR Menschen ist.
  2. Erlebnisorientiertes Lernen: In Ausstellungen und Besucherzentren können viel stärker die weichen Argumente statt der harten ökologischen Informationen im Vordergrund stehen. Erlebnisorientierte Lernansätze konzentrieren sich auf die gewachsene, heimatliche Kulturlandschaft statt auf Urwaldreste und potenzielle Wildnis.
  3. Einbindung der lokalen Stakeholder: Nationalparks können gerade durch die Einbindung der Gemeinden die kulturellen Aspekte des Naturschutzes stärken. Durch die Einbindung lokaler Gemeinschaften und Interessengruppen fördern sie ein Gefühl von Eigenverantwortung und Stolz.
  4. Verbindung von Naturschutz und menschlichem Wohlergehen offenlegen: Nationalparks können den intrinsischen und instrumentellen Wert der Natur betonen, indem sie die Vorteile hervorheben, die sie für das menschliche Wohlbefinden bietet.

Durch die Kombination dieser Ansätze können Nationalparks die Akzeptanz für den Naturschutz bei den Besucher*innen wirksam erhöhen. Damit einhergeht eine neue Art von Besucherzentren in Großschutzgebieten.

 

Literatur

Frohn, Hans-Werner/Küster, Hansjörg/Ziemek, Hans-Peter (Eds.) (2016). Ausweisungen von Nationalparks in Deutschland. Akzeptanz und Widerstand : Ergebnisse des F+E-Vorhabens “25 Jahre Nationalparkprogramm – Konsequenzen für die strategische Ausrichtung des Naturschutzes” des Bundesamtes für Naturschutz. Bonn-Bad Godesberg/Bonn-Bad Godesberg/Münster, Bundesamt für Naturschutz (BfN); BfN-Schriften-Vertrieb im Landwirtschaftsverlag.

Haber, Wolfgang (2005). Pflücken verboten! Den Naturschutz zu den Menschen bringen. In: Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (Ed.). Die Erfindung von Natur und Landschaft. o. O., 74–82.

Leng, Marion (2009). Bildung für nachhaltige Entwicklung in europäischen Großschutzgebieten. Möglichkeiten und Grenzen von Bildungskonzepten. Hamburg, Dr. Kovač.

Mose, Ingo (Ed.) (2009). Wahrnehmung und Akzeptanz von Großschutzgebieten. Oldenburg, BIS-Verlag der Carl-von-Ossietzky-Universität.

Piechocki, Reinhard (2010). Landschaft – Heimat – Wildnis. Schutz der Natur – aber welche und warum? München, Beck.