Nachhaltigkeit als Leitprinzip erfordert einen radikalen Wandel in Naturkundemuseen und Natur-Besucherzentren. Eine solche Neuausrichtung umfasst sowohl strategische Entscheidungen als auch konkrete Aspekte des Betriebs. Welche Hebel sind in Naturkundemuseen und Besucherzentren am vielversprechendsten?

Nachhaltiger Betrieb von Naturkundemuseen

Die Management- und Betriebsfunktionen sind die zentralen Schaltstellen, über die die Nachhaltigkeitsleistung von Naturkundemuseen und Natur-Besucherzentren verbessert werden kann (Garthe 2023a). Das Facility Management und die damit verbundenen Aufgaben des Ressourcenmanagements stellen ein breites Spektrum an relevanten Verantwortlichkeiten dar.

Vor allem im Facility Management können erhebliche Verbesserungen hinsichtlich ökologischer Auswirkungen und finanzieller Einsparungen erzielt werden (Hodges and Sekula 2013). Eine nachhaltige Beschaffungspolitik kann auch eine Hebelwirkung auf den Markt und damit auf die Gesellschaft insgesamt haben.

Modal Split als Zentraler Hebel für Natur-Besucherzentren

Aufgrund der häufig peripheren Lage von Besucherzentren in Großschutzgebieten, stellt die Anreise der Besucher*innen einen wesentlichen Teil der Umweltauswirkungen dar. Ein regional vernetztes Verkehrskonzept, um Besucher*innen zur Anreise mit dem ÖPNV zu bewegen, ist ein zentraler Hebel, zur Verbesserung der Klimabilanz.

Nachhaltige Citizen Science in Naturkundemuseen

Viele Naturkundemuseen und Natur-Besucherzentren sind wichtige natur- oder kulturhistorische Forschungseinrichtungen (Garthe 2023b). In diesem Umfeld agieren Naturkundemuseen und Natur-Besucherzentren mehr denn je an der Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft und können mit nachhaltigen Citizen Science Projekten eine offene, partizipative und demokratische Wissenschaftskultur fördern (Sforzi et al. 2018).

Wenn der Nukleus des Sammelns die Wissbegier und damit Wissenschaft ein zentrales Motiv von Naturkundemuseen ist, dann stellt sich die Frage, welche Idee eine ähnliche zentrale Position in Natur-Besucherzentren einnimmt. Eine Argumentationslinie könnte sein, Erlebnis, Spaß und Zerstreuung als motivationalen Kern zu identifizieren.

Regionale Vernetzung in Natur-Besucherzentren

Besucherzentren in Großschutzgebieten sind Motoren für die Regionalentwicklung (siehe bspw. Job et al. 2005). Die touristische Plattformfunktion können sie auch zur Multiplikation und als Hebel nutzen, um nachhaltige Initiativen anzustoßen. Ihre Nachhaltigkeitsbemühungen können sich auf die Förderung eines verantwortungsbewussten Tourismus und die Unterstützung regionaler Stakeholder konzentrieren. Ein Exemplarische Beispiel dafür ist das erfolgreiche Nationalpark-Partner-Programm.

Insgesamt könnten Besucherzentren deren gesamt-gesellschaftliche Wirkung auf regionaler Ebene mehr in den Blick nehmen. Ein gutes Instrument dafür ist die Entwicklung eines Logikmodells (siehe: Knowlton and Phillips 2013).

BNE in Naturkundemuseen

Das Wissen über und die Begeisterung für Nachhaltigkeit wird durch Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) an Besucher*innen sowie die breitere Gesellschaft weitergegeben. Das Museumspublikum ist somit ein Schlüssel für die gesellschaftliche Wirkung von Naturkundemuseen. Der Museumspädagogik kommt daher eine besondere Bedeutung zu (Garthe 2022), da das Museumspersonal hier in direkten und intensiven Kontakt mit dem Publikum kommt. Unter dem Leitbild “Nachhaltigkeit und Partizipation” bekommt die Bildungs- und Vermittlungsarbeit für Naturkundemuseen einen neuen Stellenwert und kann auf vielfältige Weise vom Ansatz der Bildung für nachhaltige Entwicklung profitieren.

 

Literatur

Garthe, Christopher J. (2022). Weshalb Museumspädagogik eine zentrale Rolle in der Transformation des Museumssektors spielt. Standbein Spielbein 117 (1), 9–15.

Garthe, Christopher J. (2023a). Ökologische Nachhaltigkeit im Museum. Zürich, Verband der Museen der Schweiz (VMS).

Garthe, Christopher J. (2023b). Transdisziplinäre Forschung und Nachhaltigkeitswissenschaft in Museen. Von der Materialität des Wissens und dem Potenzial von Sammlungsobjekten für eine nachhaltige Entwicklung. rheinform (2).

Hodges, Chris/Sekula, Mark (2013). Sustainable Facility Management. The Facility Manager’s Guide to Optimizing Building Performance. Alexandria, VA, Vision Spots Publishing.

Job, H./Harrer, B./Metzler, D./Hajizadeh-Alamdary, D. (2005). Ökonomische Effekte von Großschutzgebieten. Bundesamt für Naturschutz (BfN). Bonn. BfN-Skripten 135.

Knowlton, Lisa W./Phillips, Cynthia C. (2013). The logic model guidebook. Better strategies for great results. 2nd ed. Los Angeles, Sage Publications.

Sforzi, Andrea/Tweddle, John/Vogel, Johannes/Lois, Grégoire/Wägele, Wolfgang/Lakeman-Fraser, Poppy/Makuch, Zen/Vohland, Katrin (2018). Citizen science and the role of natural history museums. In: Susanne Hecker/Muki Haklay/Anne Bowser et al. (Eds.). Citizen science. Innovation in open science, society and policy. London, UCL Press, 429–444.