Technikmuseen begeistern durch beeindruckende Maschinen und die Wunder der Ingenieurskunst. Mit umfangreichen Sammlungen machen sie den menschlichen Erfindergeist erlebbar und sind häufig attraktive und besucherstarke Museen. Anhand der Objekte und der damit verbundenen Narrative vermitteln sie die technische Entwicklung und damit auch Geschichte der Menschheit.

MINT, Innovation und Fortschritt

Technikmuseen stellen daher eine optimalen Lernort für die MINT-Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik dar. Fähigkeiten in den MINT-Fächern sind eine Voraussetzung für die ausgestellten technischen Entwicklungen – Ingenieurskunst und technologische Errungenschaften sind die Grundlage für Innovation und Fortschritt. Sie sind damit auch ein zentraler Motor für mehr Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum.

Das Narrativ der Technikmuseen basiert häufig auf diesem technischen Fortschrittsdenken, dass in der Regel auch mit Wachstum und Ressourcenverbrauch verbunden ist.

Fortschritt – Wachstum – Postwachstum

Wäre die Erfolgsgeschichte der deutsche Ingenieurskunst – wäre der Wirtschaftsstandort Deutschland ohne technologischen Fortschritt, ohne Wirtschaftswachstum denkbar?

Das Konzept des Postwachstum stellt dem Wachstumsparadigma eine alternative Entwicklungsmöglichkeit entgegen. Eine solche Postwachstumsgesellschaft zeichnet sich durch geringere Produktion und geringeren Konsum aus. Damit einher geht eine Reflexion über den Wohlstandbegriff und eine neue Definition von Status und Reichtum.

Eine zentrale Idee des Postwachstum ist Suffizienz, die der Effizienz des technologischen Fortschritts gegenübergestellt wird. Suffizienz bezeichnet eine Fokussierung auf das richtige Maß vor dem Hintergrund von Überfluss und Konsumgesellschaft.

Eine solche Entwicklung und Innovation innerhalb der planetaren Grenzen erfordert einen Wandel von einer Kultur des Wachstums hin zu einer Kultur der Nachhaltigkeit.

Technikmuseen, MINT und Postwachstum

Wie können Wissenschafts- und Technikmuseen ihre historischen Narrative in Beziehung zum Konzept des Postwachstum setzen? Welche neue Rolle ergibt sich daraus für Science Center? Welche neuen Narrative können Technikmuseen vor diesem Hintergrund entwickeln?

Der rückwärtsgewandte Blick und die damit verbundenen Erzählstränge müssen mit einer Abkehr vom Wachstumsparadigma neu bewertet und eingeordnet werden. Gleichzeitig muss das Potenzial von Ideenreichtum, Erfindergeist und Ingenieurskunst für eine Postwachstumsökonomie nachvollziehbar vermittelt werden.

Postwachstum bietet hier eine Vielzahl von Bezugspunkten und neuen Perspektiven um Objekte neu zu interpretieren und Ausstellungen mit einem frischen Blick zu kuratieren.

Postwachstum im Technikmuseum

Technikmuseen können damit zentrale Museen für eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft werden. Wenn bisher Herausforderungen und globale Zukünfte vor allem in Naturkundemuseen verhandelt wurden, können Technikmuseen den musealen Diskurs zur Nachhaltigkeit durch eine weitere perspektive bereichern: Weg von dem Blick auf die planetaren Grenzen können sie nicht nur das menschliche Wirken als Ursache der multiplen Krise darstellen, sondern gleichermaßen Lösungen und Ansatzpunkte aufzeigen.

Durch eine solche Neuausrichtung werden Technikmuseen zu einem genauso wichtigen Ort für den Nachhaltigkeitsdiskurs, wie es Naturkundemuseen bereits seit längerer Zeit sind.