Jede*r ist für eine individuelle Verhaltensänderung in Richtung Nachhaltigkeit verantwortlich – soweit so klar. Dennoch können mit einer übertriebenen Abwälzung der Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft Besucher*innen nicht nur überfordert werden – vielmehr geht diese Privatisierung auch am Kern einer gesellschaftlichen Transformation vorbei.

Ein kritischer Blick auf den persönlichen ökologischen Fußabdruck

Die Idee des ökologischen Fußabdrucks um klimaschädliche Auswirkungen darzustellen, hat auch dazu geführt, die Aufmerksamkeit weg von strukturellen Ursachen der Klimakrise wie dem Wachstumsparadigma und den maßgeblichen Verursachern wie Industrieunternehmen hin zur Verantwortung des Individuums zu lenken.

Das kann problematisch sein, wenn diese Privatisierung der Nachhaltigkeit Bürger*innen und Konsument*innen überfordert und letztendlich individuelles Verhalten die zentralen Probleme der Nachhaltigkeit nicht lösen kann (Grunwald 2010:182).

Stakeholder*innen für die Große Transformation sensibilisieren

Ein inhaltlicher Orientierungspunkt in der Bildung in Kulturinstitutionen stellt dementsprechend die systemische Transformation und weniger die Verantwortung des Einzelnen und dessen ökologischer Fußabdruck dar. Politische Regelungsmechanismen müssen strukturelle Ursachen und maßgebliche Verursacher adressieren: Sie müssen auf systemischer und damit politischer Ebene ansetzen, um klimaverträgliche Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln zu schaffen – dies spiegelt sich auch im Wirken einer nachhaltigen Kulturinstitution wider. Eine nachhaltige Kulturinstitution definiert in diesem Sinne ihre Rolle als Akteure in der politischen Arena neu und entwickelt Anwaltschaft, Aktivismus und politische Arbeit als Aufgabenfelder der Zukunft.

Damit wird keineswegs impliziert, dass Umwelt- und Klimahandeln im direkten und privaten Umfeld nutzlos sind. Abgesehen von den direkten Auswirkungen, sensibilisiert und motiviert individuelles Klimaschutzhandeln auch Andere, sich diesem Thema zu öffnen und eingeübte Verhaltensweise zu überdenken.

Vom ökologischen Fußabdruck zur gesellschaftlichen Wirksamkeit

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Kulturinstitutionen ihr spezifisches Potenzial für eine gesellschaftliche Transformation in Richtung Nachhaltigkeit nutzen können? Drei Ansätze erschienen insbesondere für die Museumsarbeit besonders vielversprechend, um als Hebel für eine „Große Transformation“ wirksam zu werden: Besucher*innen, Bürgerschaft und Betrieb (siehe dazu: Garthe 2022:55ff). Auch andere Kulturinstitutionen können mit einer Fokussierung auf diese Hebel ihre Wirksamkeit steigern.

Kulturinstitutionen haben als publikumsorientierte Einrichtungen einzigartige Möglichkeiten, ihre Besucher*innen zu begeistern. Bürgerschaft bezeichnet eine Orientierung nach außen, also der Blick auf gesellschaftliche Wirkungen. Diese ist im Gegensatz zum Blick nach innen, also der Optimierung des Betriebes unter nachhaltigen Gesichtspunkten, der wichtigste Aspekt, um eine gesellschaftliche Transformation zu unterstützen. Auch der interne Betrieb muss nach den Zielen eines wirksamen Klimaschutzes und einer Dekarbonisierung neu organisiert werden.

 

Eine Fokussierung von Bildung und Vermittlung auf Stakeholder*innen und systemische Hebel ist ein vielversprechender Ansatz – und bietet eine Verschnaufpause für von Klimanagst geplagte Besucher*innen.

 

Literatur

Garthe, Christopher J. (2022). Das nachhaltige Museum. Bielefeld, Transcript.

Grunwald, Armin (2010). Wider die Privatisierung der Nachhaltigkeit – Warum ökologisch korrekter Konsum die Umwelt nicht retten kannAgainst Privatisation of Sustainability – Why Consuming Ecologically Correct Products Will Not Save the Environment. GAIA – Ecological Perspectives for Science and Society 19 (3), 178–182. https://doi.org/10.14512/gaia.19.3.6.